Der freie Arztberuf
Freie Berufe erfordern aufgrund ihrer besonderen Qualifikation und Verantwortung ein hohes Maß an Unabhängigkeit sowie Eigenverantwortung und sind Teil der Daseinsvorsorge. Es ist diese besondere Stellung, die den Staat, den Gesetzgeber, dazu bewogen hat, sich lediglich auf die Rechtsaufsicht zu beschränken. Die fachliche Aufsicht überlässt er dem Berufsstand selbst.
Ärztinnen und Ärzte sind als freier Beruf täglich mit verschiedensten und komplexen Problemstellungen konfrontiert und tragen bei der Ausübung ihres Berufes für nicht weniger Sorge, als die Gesundheit und das Leben ihrer Patientinnen und Patienten.
Schon allein deshalb ist die Freiberuflichkeit eine Grundvoraussetzung für die Ausübung der ärztlichen Profession. Dies ermöglicht es den Ärztinnen und Ärzten, ausschließlich im Interesse ihrer Patienten und auf Basis ihres erlernten Fachwissens eigenverantwortlich zu handeln. Dazu zählt allerdings auch die ökonomische Unabhängigkeit, welche durch eine freie Honorarbemessung auf Grundlage und im Rahmen der amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) garantiert wird. Gleichzeitig verpflichtet die Freiberuflichkeit die Ärztinnen und Ärzte, ihre Leistungen persönlich zu erbringen und ihre Verantwortung bezüglich eines ethischen Handelns sowie dem Erbringen einer hochqualitativen Leistung wahrzunehmen. Das erklärte Ziel ist es, eine hochwertige und individuelle medizinische Versorgung für die Patientinnen und Patienten zu sichern.
Hieraus ergeben sich drei Kerneigenschaften des freien Arztberufes.
- Die Weisungsfreiheit.
Sie ist Ausdruck der Unabhängigkeit gegenüber anderen Ärztinnen und Ärzten, aber auch fachfremden Dritten. Sie gilt für angestellte sowie niedergelassene Ärztinnen und Ärzte gleichermaßen. - Die Therapiefreiheit.
Diese stellt sicher, dass Ärztinnen und Ärzte frei von gesetzlichen Regelungen im Sinne und mit Einverständnis der Patientinnen und Patienten ihre medizinischen Entscheidungen treffen und Behandlung oder Diagnoseverfahren frei wählen können. - Die Selbstverwaltung.
Hier übernehmen die Ärztinnen und Ärzte im Verbund die Organisation, Regulation und Kontrolle ihrer eigenen Berufsgruppe und bezeugen ihren Anspruch auf eine ethische und hochwertige medizinische Behandlung.
Diese Eigenschaften sind Grundlage einer medizinischen Versorgung, in welcher die Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt stehen. Die Freiberuflichkeit der Ärztinnen und Ärzte ist ein hohes Gut, welches es zu beschützen gilt.
Doch im realpolitischen Kontext ist die Freiberuflichkeit der Ärzteschaft von gesetzlicher Regulatorik eingeschränkt oder durch bestimmte Akteure bedroht. Betrachtet man die gesetzliche Krankenversicherung, beschränkt diese durch das Schließen von Versorgungsverträgen die Therapiefreiheit und die freie Honorarbemessung. Ärztinnen und Ärzte begeben sich bewusst in eine gewisse finanzielle Abhängigkeit von den gesetzlichen Krankenkassen. Denn es bleibt ihnen oft nur wenig anderes übrig. Grund hierfür ist der staatlich forcierte hohe Anteil an gesetzlich Pflichtversicherten, welcher den Praxisbetrieb ohne Kassenzulassung in vielen Fällen nur schwer möglich macht. Doch die Einschränkung dieser Vertragsbindung wird durch die Option der individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) ein wenig abgeschwächt. IGeL ermöglichen es Patientinnen oder Patienten, ärztliche Leistungen nachzufragen und zu erhalten, welche nicht von der Krankenkasse abgedeckt sind. Somit schützen IGeL in gewisser ‚Hinsicht die Freiberuflichkeit des Arztes und ermöglichen eine optimierte Behandlung von Patientinnen und Patienten. Allerdings sind genau diese IGeL-Leistungen denselben Akteuren natürlich ein Dorn im Auge.